Lassalle-Kreis kritisiert Freiburger Jusos – Solidarischer Umgang gilt für alle Parteimitglieder

Berlin/28.09.2016: Mit Unverständnis nimmt der Lassalle-Kreis die jüngste Pressemitteilung „Studierendenverbindungen sind kein Teil der Sozialdemokratie“ der Jusos Freiburg, der Juso-Hochschulgruppe Freiburg und der Jusos Breisgau-Hochschwarzwald zur Kenntnis. Darin vertreten die drei Juso-Parteigliederungen die Auffassung, dass Studentenverbindungen per se den Grundwerten der SPD widersprechen und folglich Angehörige von Studentenverbindungen keine Sozialdemokraten sein können.

„Der Lassalle-Kreis ist immer zu einem offenen Dialog über Studentenverbindungen bereit und begrüßt grundsätzlich jede differenzierte Auseinandersetzung mit der Thematik. Auch die kritischen inhaltlichen Punkte der Pressemitteilung werden nicht ausgeklammert“, so der Bundesvorsitzende des Lassalle-Kreises Florian Boenigk.

Der Kreis thematisiert durchaus selbstkritisch die Rolle von Männerbünden und fragt nach der gesellschaftlichen Relevanz von Korporationen. Es kann jedoch nicht sein, dass – wie bei den Freiburger Jungsozialistinnen und Jungsozialisten geschehen – statt auf Dialog auf reflexhafte Ausgrenzung gesetzt werde. Ein sehr fragwürdiges Verständnis von innerparteilichem Umgang wird durch folgende Äußerungen der Jusos Freiburg offenkundig: „Ob diese [korporierten, Anm. d. Red.] Mitglieder die Jusos/HSG aufgrund der von uns vertretenen Ansichten verlassen, ist allein deren Entscheidung und Freiheit.“ Hierbei übersehen die Jungsozialistinnen und -sozialisten, dass man als Parteimitglied keine Wahl hat, man kann als Unter-35-Jährige/r die Jusos nicht verlassen, außer man gibt das Parteibuch ab. „Diese Art der ‚Freiburger Wahlfreiheit‘ ist zu tiefst unsolidarisch“, meint Boenigk.

Wer die SPD als Volkspartei verstehe, müsse auch bereit sein verschiedene Lebensentwürfe zu respektieren. Es bestehe kein Widerspruch zwischen der Mitgliedschaft in einer Studentenverbindungen und der SPD. „Zahlreiche historische und aktuelle Beispiele sozialdemokratischer Verbindungsstudenten als Ministerpräsidenten, Minister auf Bundes- und Landesebene, Abgeordnete und Bürgermeister belegen dies eindrucksvoll“, so Boenigk weiter.

Denkt man den Argumentationsansatz der Freiburger Jusos konsequent weiter, so ist also eine Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung die einzige Quelle für die Werteprägung des korporierten Parteimitglieds. Andere Werteinflüsse wie Elternhaus, Schulzeit, Vereine, Kirche, Studium oder Partei sind laut Analyse der Freiburger Jusos spurlos an den Genossinnen und Genossen vorüber gegangen. „Spätestens bei der Bewertung des Wertekonstrukts des sozialdemokratischen Korporierten verlassen die Freiburger Jusos die Realität. Zudem lassen sie auch an Konsequenz mangeln, müssten sie doch im gleichen Atemzug sämtlichen Katholiken ihre Mitgliedsrechte absprechen, oder gibt es in der römisch-katholischen Kirche kein Patriarchat, nirgendwo Antisemitismus, keinen Sexismus, keine Homophobie, kein rückwärtsgewandtes und Traditionen behaftetes Weltbild?"

"Ein katholisches Juso-Mitglied kann beim Verfassen der Pressemitteilung wohl nicht beteiligt gewesen sein“, stellt Boenigk fest.

Der Lassalle-Kreis stellt zudem die Frage, wie die Freiburger Jusos einen derartigen auf Aus- und Abgrenzung basierenden Kurs gegenüber ihren eigenen korporierten Mitgliedern rechtfertigen wollen. „Statt auf Dialog zu setzen, wählt man den einfacheren Weg der bloßen Abgrenzung. Das ist aber nicht nur unsolidarisch, sondern auch ungerechtfertigt“, so der Bundesvorsitzende. Wer Studentenverbindungen und ihren Mitgliedern pauschal Sexismus, Elitarismus, Nationalismus und Rassismus vorwerfe, zeige, dass er weder in der Lage sei zu differenzieren noch seine Thesen mit aktuellen Untersuchungen und Studien zu begründen. Auch werden nicht die positiven Effekte von Verbindungsmitgliedern mit SPD-Parteibuch gesehen: die Partei profitiert von außerordentlichem Engagement, hohem Organisationstalent und tiefer Kenntnisse der politischen Schwächen konservativer Milieus. „Niemand wird Mitglied der SPD, wenn er ihre Ideale nicht teilt. Niemand bleibt in der SPD, wenn er nicht für die sozialdemokratische Werte brennt“, entgegnet Florian Boenigk den Freiburger Jusos und ergänzt: „Die freie Vergemeinschaftung in Damen- oder Männerbünden ist vom Grundgesetz Artikel 9 und durch den SPD-Grundwert der Freiheit gesichert.“

Der Lassalle-Kreis möchte sich einer Diskussion nicht verwehren und bietet den örtlichen Jusos an, die Thematik ergebnisoffen, gerne im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung oder als Thema einer Mitgliederversammlung zu diskutieren.

Gernot Erler beim Lassalle-Kreis

MdB Gernot Erler erhält vom Bundesvorsitzenden Florian Boenigk antiquarische Schriften von Ferdinand Lassalle anlässlich seiner Festrede bei der Lassalle-Tagung 2013 in Freiburg.