Unvereinbarkeitsbeschlüsse sind keine Lösung

Seit Juni 2014 bekommen keine Mitglieder von Burschenschaften, die im Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ organisiert sind, das SPD-Parteibuch. Der Lassalle-Kreis sieht dieses parteiinterne Rechtsmittel sehr kritisch. Dass durch diesen Beschluss auch langjährige Burschenschafter und verdiente Genossen von einer Unvereinbarkeit betroffen sind, ist ungerecht und widerspricht dem Grundsatz der Solidarität.

Darüber hinaus sollte ein Unvereinbarkeitsbeschluss auch einem zivilrechtlichen Verfahren standhalten, was stark zu bezweifeln ist. Zentrale Frage in einem Schiedsverfahren ist, ob das einzelne Parteimitglied mit seiner Zugehörigkeit zu einer Burschenschaft der Deutschen Burschenschaft aktiv gegen die SPD gewirkt hat. Wie soll die SPD im Falle eines Parteiordnungsverfahrens langjährigen Genossinnen und Genossen Rassismus, Antisemitismus, Revanchismus, Sexismus oder Homophobie nachweisen? In dieser Beweisführung wird der zuständige SPD-Bezirk womöglich unterliegen – ein PR-Desaster ist vorprogrammiert.

Und: Wie soll die SPD diese Genossinnen und Genossen eigentlich identifizieren? Der Unvereinbarkeitsbeschluss ist nur umsetzbar, wenn SPD-Mitglieder andere SPD-Mitglieder denunzieren und parteiöffentlich an den Pranger stellen. Hierbei sollte man sich der langen Parteigeschichte bewusst werden und nicht vergessen, dass zahlreiche SPD-Mitglieder aufgrund von Denunziationen sehr viel erlitten haben und manche dies sogar mit ihrem Leben bezahlen mussten. Der Lassalle-Kreis verurteilt jeden Aufruf zur Denunziation als parteischädigend.

Es gibt keine Schnittmenge mit aktuellen Unterstützern des Kurses der Deutschen Burschenschaft und der SPD, daher liegt keine Bedrohung der Partei vor, die das parteirechtlich stärkste Mittel eines Unvereinbarkeitsbeschlusses rechtfertigt. Der 2014 durch den Parteivorstand umgesetzte Parteitagsbeschluss von 2013 dient einerseits lediglich der Profilierung einzelner SPD-Gruppierungen – andererseits zwingt er Genossen zum Austritt, die oft jahrzehntelang die Parteiarbeit auf vielen Ebenen mitgetragen haben. Das ist die falsche Strategie im Kampf gegen rechtsextremistische Positionen im akademischen Milieu. Der Lassalle-Kreis wünscht sich von der SPD eine solidarische Unterstützung der korporierten Genossen, die aktiv den Rechtsextremismus an Universitäten bekämpfen.

Mit den Ankündigungen einiger Arbeitsgruppen, die Unvereinbarkeit bald auf weitere Studentenverbindungen ausdehnen zu wollen, wird die SPD nicht nur ihre 150-jährige Geschichte verraten, sie zerstört ihr pluralistisches Fundament, da die Freiheit Andersdenkender in der Partei eingeschränkt wird. Unvereinbarkeitsbeschlüsse haben nur dann Sinn, wenn sie eine positive Wirkung für die Partei entfalten.

Konsequenterweise sollte die ablehnende und feindliche Haltung der Jungsozialistinnen und -sozialisten gegenüber den Verbindungsstudentinnen und -studenten innerhalb ihrer Parteigruppierung eigentlich dazu führen, dass sie ihren Alleinvertretungsanspruch aus dem Statut für Mitglieder unter 35 oder an Hochschulen aufgeben. Schließlich vertreten sie nicht ihre korporierten Mitglieder, sondern sie bekämpfen sie politisch[3].